Mein Vater kann so verdammt trocken sein.
Wir haben Januar 2009. Es ist kalt, aber noch nicht ausreichend. Die Nachrichten melden: es wird erzkalt – Minus sechsundzwanzig Grad.
Beiläufig erzählt mein Vater: „ich hab übrigens die Heizung abgestellt.“
Wie jetzt. Heizung abgestellt?
„Ja, Haus 1 und 2 und das geht gut. Bislang sind wir nicht unter 5°C gekommen.“
Mir wird etwas anders. In den Häusern steht unser wertvoller Mutterpflanzenbestand, Pflanzen die mein Großvater als kleiner Junge schon in der Hand hatte. Damit spielt man doch nicht!
Dann dämmert mir, welches waghalsiges Experiment er da gerade probiert.
Ich erzähle im Sommer unseren Gästen manchmal, wir positiv die dicken Klinkerwände sich auf das Klima in den nach Süden liegenden Pultgewächshäusern auswirkt. Tags wird die Wärme gespeichert, es ist angenehmer und kühler und nachts strahlen die Wände die Wärme wieder aus.
Soweit so gut. Er sagt, das selbe passiert jetzt im Winter auch. Tags scheint ein wenig die Sonne, die Wände heizen sich auf. Das genügt, um 14 – 16 Stunden lang die Gewächshaustemperatur auf 5°C über Null zu halten. Daran haben Lithops und Ariocarpus möglicherweise etwas zu knuspern, andererseits stehen die Pflanzen schon seit Monaten absolut trocken, so viel kann auch nicht passieren.
Heute Nacht schaue ich mir das an:
Erwischt – es sind zwar aktuell noch kuschelige 8°, aber das Quecksilber wird noch auf 3°C sinken. Dennoch bin ich sprachlos, ich hätte nicht geglaubt, das in der Wand so viel Wärme gespeichert wird. Und ich erinnere mich mal wieder an meinen Großvater, der mir erklärt hat: „nicht allein die Minimaltemperatur ist wichtig, eine hohe Tagtemperatur gleicht in den Anden bei vielen Hochgebirgsarten grimmige Nachttemperaturen aus“
Wenn das kein Zeichen ist:
Über den Autor
im Podcast seit 2019
Blogger seit 2005,
Kaktusgärtner aus Passion - seit 1970,
... in einer Familie von Kaktusgärtnern seit 1822
... und Gärtner in der Blumenstadt Erfurt seit 1685
„Heizungsexperiment“
Ganz aktuell kann ich zu diesem Thema hier live aus Bolivien z.Zt. das Ganze mit Fakten der letzten Tage untersetzen:
1. nachzulesen in der „Neujahrszelttour“ hier auch uim cactusblog — Temperaturschwankungen beim Zelten
2. ich weilte gestern zum Bsp. in der Region Culpina auf 3000mNN:
Die Nacht zuvor hatte es viel Regen gegeben u. der Erdboden hatte sich am Morgen weit abgekuehlt, mit zunehmender Sonneneinstrahlung (diese steht
hier z.Zt. mittags im Zenit) wurde es so warm am Erdboden, dass es durch die Schuhsohlen zu spueren war. Die Kakteen uebrigens oeffneten dann synchron mit der zunehmenden Sonneneinstrahlung ihre Blueten, als staenden sie im Wettbewerb untereinander. Nicht nur kleine Wasserflaechen hatten sich auf fast Badewannentemperatur erwaermt, gerade auch dunkle Gesteine speicherten bis zum Nachmittag soviel Waerme, dass man trotz der nachmittaeglichen stark aufkommenden Luftbewegung von einer „Fussbodenheizung“ sprechen koennte. Dass dann natuerlich auch die Kerntemperatur von groesseren Planzren (Kugelkakteen, Cereen od. auch Cumulopuntia) sich dadurch wesentlich ueber der naechtlichen Abkuehlung erhaelt, ist logisch.
Kleinere Kakteen wie z. Bsp. Weingartia oder auch kl. Formen von Maihueniopsis
usw. haben dagegen ihre Strategie so ausgerichtet, dass sie ohnehin als Geophyt mit bis zu 80% ihres Pflanzenkoerpers im waermenden schuetzenden Erdreich versteckt bleiben. Uebrigens habe ich auch seit Tagen hier im Raum Camargo-Culpina etliche winzige and. sukkulente Pflanzen (Crassulaceae, Portulaceae, Peperomia….) gefunden, die ebenso fuer mich doch etwas ueberraschend mit einer im Verhaeltnis riesigen Knolle bzw. Ruebe im Erdreich gegen Temperatur- u- Feuchtigkeitsextreme auszudauernn scheinen. (Auch Formen der Wildkartoffel tauchen immer wieder in Kakteenhabitaten auf)
Mehr darueber demnaechst im blog mit einigen Fotos……!
Kaktussteffen von Suedamerikatour