Der Raub des Erdbeerkaktus – CactusPodcast – 018

Warum Menschen wegen eines kleinen Kaktus kriminell wurden – eine echte Räuberpistole aus unserer Gärtnerei

Jetzt wirds kriminell.
Und ja – das ist tatsächlich so passiert.
Aber der Reihe nach.
 
In der letzten Episode mit dem Wunsch von Frederik Wietbrok [FW] aus der CactusPodcast Community habe ich das Thema Erdbeerkaktus aufgemacht.
Das hat mir danach keine Ruhe gelassen – deswegen musste ich nochmal genauer nachschauen.
Das Ergebnis – hier kommt die zweite Episode zum Thema Erdbeerkaktus …

Der Raub des Erdbeerkaktus - eine echte Räuberpistole

von Ulrich Haage | CactusPodcast - Pflanzengeschichten

Erdbeerkaktus

Im ersten Teil ging es um die Entstehung und wie es überhaupt dazu kam, dass ein eigentlich todgeweihter Kaktus auf Erden für seine Verhältnisse richtig Wellen macht.

Manchmal sind mehr Informationen doch echt hilfreich. Nach der letzten Episode hab ich noch mal recherchiert und bin auf Aufzeichnungen von Mr. Hajime Oku aus dem Jahr 1959 gestoßen.

Er beschreibt noch einmal sehr detailliert den Ursprung der Pflanzen:

The Japanese E. Watanabe is the originator of the quite exceptional red mutation which concerns us here and whose history can be summarised as follows. This grower had observed that the Gymnocalycium mihanovichii v. friedrichii contained more of the red pigment than most other plants with which he was familiar and he decided upon an extensive speculative cultivation in the hope of obtaining a form which would be entirely red.

In 1937 he ordered 300 seeds from the firm of H. Winter in Germany and, after lengthy propagation, he had available in 1947 about 10,000 seeds which produced for him two seedlings of this clear red mutation, totalIy free of green chlorophyll.
He very fortunately realised that they could not survive any great length of time because red chlorophyll alone is not capable of assimilation and he grafted them straight away – less than two weeks after they germinated – on the miracle stock of the Japanese; Hylocereus guatemalensis, which is completely ignored in our part of the world.
It is true that I doubt whether this tropical columnar growing plant would acclimatise in our cold and humid winter (unless we are not bothered about the expense of heating). It is not for the same reason that Peireskiopsis, another marvellous grafting stock, has been virtually abandoned?
But to come back to our Gymnocalycium hibotan. After having grafted, regrafted, and further regrafted these two plants, many times, one had indeed a red cactus, named ‚Hibotan‚ or ‚Hibotan Nishiki‚. Bearing in mind that it is in a condition completely lacking green chlorophyll, it is well suited by grafting it on an outside stock and this would also provide more certainty than an average size one of the scion producing an abundance of offsets. It is in this condition that it is distributed throughout the world.

In unserem Archiv findet sich ein ganzer Ordner „Hilde Winter“ der eine intensive Zusammenarbeit belegt. Mein Großvater hat viel Ritter-Saatgut und Pflanzen über Hilde Winter importiert – einen Kommentar zur Eji Watanabe habe ich nicht gefunden – die Schilderungen meines Großvaters waren dagegen recht deutlich und ich gehe davon aus dazu auch noch Aufzeichnungen zu finden.

Walther Haage erzählte weiter davon, dass zwei oder drei Pflanzen nach Erfurt kamen und in seiner Sammlung gehütet wurden wie ein Schatz.

Bevor wir dazu kommen – hier noch ein kleiner Exkurs zum Thema Unterlagen und der Intensität der Rotfärbung:

The Japanese author recommended Trichocereus spachianus or Myrtillocactus geometrizans as a grafting stock and indicated moreover that the more the plant is given full sun the more well-developed is the red tint.

Mit den Unterlagen gibt es manchmal Probleme, gern faulen die Hylocereus einfach so aus heiterem Himmel. In unseren Breiten ist es darum eine gute Idee in dem Fall zu einer besser geeigneten Alternative greifen zu können: die erwähnten Trichocereus spachianus oder Myrtillocactus geometricans sind definitiv eine bessere Wahl.
 

CactusPodcast


Wie der erste Erdbeerkaktus in Europa geraubt wurde

Die Geschichte vom diebischen Raub-Gärtner musst du dir natürlich am besten anhören.
In meinem Kopf läuft beim erzählen jedes mal ein Film ab. Ich sehe einen finsteren Gesellen, wie er versucht nachts mit seinen schweren Stiefeln die knarrende Holztreppe in unserem Haus zu überwinden, möglichst ohne durch das Getöse seine Nachbarn zu wecken. Und wie er sich das Bündel mit dem Kaktus über die Schulter wirft, durch das Eisentor schlüpft und auf der Chaussee zur Stadt zu laufen. Nur der Mond scheint über der einsamen Gestalt. 
Ob er bis zum Bahnhof läuft um sich dann im Zug aus dem Staub zu machen. Ein Auto käme selbst 1950 als Transportmittel nicht infrage.
Fantasie ist etwas tolles!
Und dann mache ich mir Gedanken, wie mag er das mit dem Grenzübergang geplant haben. Wie sind die Telefonate aus Erfurt mit den Zoll-Beamten gewesen – an denen der Plan am Ende doch gescheitert ist….
 
(hier bitte eigenständig weiter fantasieren …)
 
 
Schöne bunte Bilder von sogenannten "Gymnocalycium-Thai-Hybriden"

Schöne bunte Bilder von sogenannten „Gymnocalycium-Thai-Hybriden“ auf dem Kakteen-Haage Pinterest Account


 

Erdbeerkaktus Errata

Das sind eine ganze Menge Informationen rund um so einen kleinen roten Kaktus.
Und viele dieser Informationen sind nicht genau belegt. So handelt meine Erinnerung zwar in den goldenen 1920er Jahren. Die Dokumente zeigen aber klar auf die Zeit der 1940er bis 1950er. 
Ähnlich sieht es mit der Herkunft der Samen aus. In den Dokumenten sind es erst nach einigen Jahren der eigenen Nachzucht 40.000 Korn Saatgut die Eji Watanabe aus denen die ersten zwei ‚Hibitan‘ auftauchen – und der Ursprung wird mit Hilde Winter angegeben. Ob unser Archiv dazu später noch einmal mehr Informationen hergibt wird sich zeigen – ich mag die Geschichte in beiden Versionen.

Fragen:

wie ist das bei Dir?

  • hast du schon mal einen Kaktus geklautt?
  • oder eine andere Pflanze, oder einen besonderen Steckling?
  • und wie lange hat der gelebt?
Habt Ihr Fragen zum Erdbeerkaktus oder eigene Erfahrungen?
Dann schreibt mir:
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Was kommt als nächstes?

Der Cactuspodcast kommt wieder mit der Episode 019 – worüber – da habe ich schon eine  Menge Ideen…
das nächste Thema kündige ich wie immer in der Facebook CactusPodcast Community an.
 
Habt Ihr Fragen?
Welche Themen soll ich mir in den kommenden Episode vornehmen?
 
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Bleibt weiter gesund da draußen!

Shownotes:

Wissen über Erdbeerkakteen

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Über den Autor

Kaktusgärtner bei Kakteen-Haage | Website

im Podcast seit 2019

Blogger seit 2005,

Kaktusgärtner aus Passion - seit 1970,

... in einer Familie von Kaktusgärtnern seit 1822

... und Gärtner in der Blumenstadt Erfurt seit 1685