mdr garten Thema SansevieriaAm Dienstag, 27.1.09 hat der MDR Garten das Thema „Sansevieria“. Die Aufzeichnung für die Sendung war am vergangenen Mittwoch. Wie immer war es hilfreich, die Nase noch einmal in Bücher und Internet zu stecken und sich weiterzubilden, man kann nie genug wissen. Und die Sansevieria ist eine Gattung mit vielen interessanten Geschichten.

Schon die Namensgebung ist spannend. Ihren Namen bekam die Gattung bereits 1794 von dem schwedische Botaniker Carl Peter Thunberg. Der benannte die Gattung Sansevieria nach Raimondo di Sangro, VII. principe di Sansevero, einem italienischen Adeligen, zu dessen Aufgaben die Restaurierung der Cappella Sansevero (Neapel) gehörte. Aber es gibt noch mehr Namen zu dieser Pflanze, die oft die Eigenschaften umschreiben: MeinenPrincipe de Sansevero ersten Kontakt hatte ich zur „SED-Blume“ (dazu später mehr), bekannter ist Bogenhanf, Behörden-, Wartezimmer- oder Büropflanze, Schwiegermutterzunge, oder Wirtshauspflanze. Im englischen kennt man: mother-in-law’s tongue, snake plant, devil’s tongue, african hemp, oder im spanischen: espada de San Jorge, cola de lagarto und lengua de suegra (Georgs-Schwert, Echsenschwanz, Schwiegermutterzunge). Immer wieder tauchen in den Trivialnamen Bezüge zur Anspruchslosigkeit der Pflanze auf. Warum die Schwiegermutter hier wieder auftaucht ist mir hingegen unverständlich, man hängt ihnen ja alle möglichen Eigenschaften an, vielleicht ist ja die scharfe Zunge gemeint 🙂

Klassifizierung Sansevieria Auch die Botanische Einstufung birgt Überraschungen: (Auszug)

Nicht ganz einig sind sich die Fachleute in der Frage der Familie, schwankte man bisher zwischen Agavaceae und Liliaceae, gehören die Sansevieria nach dem aktuellen Wissenstand nun in die noch ganz junge Familie der Ruscaceae – den Mäusedorngewächsen. Die nahe Verwandschaft zu den Drachenbäumen ist wenigstens äußerlich kaum zu verkennen.

Im Sommer 2006 war ich in Pittsburgh (PA) und verschiedenen Gärtnereien in Florida und war gründlich überrascht, welche Aufmerksamkeit Sansevierien bei den Amerikanern genießen und wie viele verschiedene Arten und Sorten es davon inzwischen gibt. Selbst bei Ophra bin ich über Sansevierien gestolpert. Gern wird damit gestaltet und dekoriert, Sansevieria im Flughafenschon auf dem Flughafen in New York winkten neben dem Mexico-Imbiss die ersten Flächenbeete mit Sansevieria.

Als ich klein war – gewissermaßen zu Anfang meiner realitätsbasierenden Erinnerungen – begegneten mir die ersten Sansevieria. Sie lebten gemeinsam mit einem fetten Gummibaum (Ficus elastica) im Blumentisch im Wohnzimmer meines Onkels und meiner Tante in einer Besenborstenlandschaft (leider habe ich davon kein Foto mehr). Erst Jahre später erfuhr ich, dies ist das in den 70ern der DDR übliche Hydrokultursubstrat und heißt Biolastan. Auch im Wintergarten meiner Großmutter stand eine vieltriebige Sansevierie eingezwängt in einem großen Keramiktopf. Die nächste bewußte Begegnung hatte ich mit 16. Eine Leistungskontrolle in der Gärtnerlehre, Botanische Namen der Pflanze zuordnen, ich stand ratlos vor einer langen grünen Pflanze mit spitzen Blättern – kein Kaktus, das war mir soweit klar. Mit den Namen auf meinem Zettel konnte ich nichts anfangen, auch nicht mit dem geflüsterten „na die SED-Blume!!“ – das habe ich mir bis heute gemerkt.

Als Meister Wilhelm vor drei Jahren eine Renaissance der Sansevieria prophezeihte war ich sehr ungläubig (was schon immer falsch war), nahm aber ein kleines Sortiment in unseren Katalog auf. Binnen kurzem Sansevieria Angebot im Katalog Herbst 2007waren die Pflanzen zu meiner Überraschung ausverkauft. Meister Wilhelm lächelte nur.

Er pries die Vorzüge der Sansevieria so:

  • pflegeleicht und robust
  • absolut anspuchslos
  • Nichtraucher (weiß nicht, wie er das meinte)
  • je nach Geschmack von einer gewissen Anmut
  • viele Sorten wurden ausgelesen in Asien, den USA, Afrika, Thailand, Indien und dem angelsächsichen Sprachraum
  • sie fristeten hierzulande eher ein Schattendasein und haben etwas mit Epiphyllum gemein, manchmal findet man sie in Chinarestaurants üppig aus den Töpfen quellend

noch mehr interessante Geschichten:

  • um gleich oben anzusetzen: in letzter Zeit werden Sansevieria gern in jungen schicken Läden und Restaurants als genügsame und schlichte Dekoration eingesetzt – Architekten und Designer – also Menschen den man gemeinhin zugesteht, dem Zeitgeist einige Minuten vorraus zu sein – akzeptieren Sansevierien als Mitbewohner und Zimmerpflanze, wie Anneke in Hochparterre International schrieb.1
  • noch ein Beispiel für Dauerhaftigkeit. Die bereits oben erwähnte Sansevieria die meine Großmutter seit mehr als dreissig Jahre ihres Lebens begleitete. Sie (die Sansevieria) wohnt heute – hübsch auf viele Töpfe verteilt auf einer zehn Meter langen Fensterbank in einem Café an der Erfurter Krämerbrücke.
  • der Name Bogenhanf hat seinen Ursprung daher: früher wurden die Fasern der Sansevieria verwendet, um daraus Bogensehnen herzustellen
  • in den USA wird vom Landwirtschaftsministerium bis heute eine umfangreiche Sansevieria-Sammlung unterhalten, um deren Verwendbarkeit als Faserpflanze zu erforschen
  • als Gegenstück findet sich Sansevieria hyacinthoides (mit dem interessanten Trivialnamen „shoestring hemp“ – Schnürsenkel-Hanf) Erwähnung im Bericht über invasive Pflanzen des Bundesstaates Florida
  • Sansevieria gelten als die Nationalblume der Flamen
  • … vermutlich gibt es darum in Belgien ein Musikantenduo namens Sansevieria
  • hin und wieder finden sich „geflochtene“ Sansevieria im Handel. Ich bin allen Ernstes gefragt worden… Nein, diese Pflanzen kommen so nicht in der Natur vor – auch nicht in Silber oder Gold!

httpv://www.youtube.com/watch?v=EmQDTLrLzp4

Literatur über Sansevieria ist nur sehr spärlich verfügbar, manche Bücher werden zu (für unser Verständnis) abenteuerlichen Preisen angeboten, manche gibt es dafür kostenlos.

  • The Sansevieria Book (Hermine Stover – 1983 – das schön gestaltete Buch kann man – inzwischen leider nicht mehr – auf ihrer Webseite herunterladen), englisch
  • Sansevieria in cultivation in Australia (Adelaide Botanic Gardens handbook, Robert F. G. Swinbourne 1979), englisch
  • The Sansevieria Trifasciata Varieties (B. Juan Chahinian – 1986), englisch
  • The Sansevieria Journal (editiert von B. Juan Chahinian 1992 – 1995), englisch
  • Sansevieria: A monograph of all the known species (Nicholas Edward Brown – 1915/85), englisch
  • Fool-hardy Sansevierias (Missouri Botanical Garden bulletin, Ladislaus Cutak – 1966), englisch
  • Fifty-four species of Sansevieria (Sally Bodge – 1954), englisch
  • Sansevierias in pictures and words: With many new varieties, suitable for growing in homes and offices (K. D. Morgenstern – 1979), englisch, möglicherweise gab es auch eine deutschsprachige Ausgabe des Buches
  • A guide to sansevieria production (Circular / Florida Cooperative Extension Service, Richard W. Henley – 1981), englisch
  • Sansevieria planting machinery (United States Agricultural Research Service, Robert E. Hellwig – 1959), englisch
  • Snake Plants: Sansevieria (erschienen in „Vivarium“ Philippe de Vosjoli – 1993/94), englisch
  • das einzige deutschsprachige Buch, in dem sich viele Sansevieria finden, ist das Sukkulentenlexikon von Urs Eggli

wer noch mehr lesen möchte:

  • bogenhanf.de
  • wikipedia.de
  • Das deutschsprachige Sansevieria-Forum
  • Yahoo Group Sanseviera
  • Tips zum umtopfen von Sansevieria
  • und noch mehr frische Tips zur Pflege von Sansevieria weiß thegardenlady
  • Sansevierien bewegen die Gemüter weltweit – so auch Dadan in Indonesien mit seiner Sansevieria concinna…
  • warum Sansvierea keine Kakteen sind, wie man richtig düngt, das man Blätter von Sansevieria „schienen“ kann und andere hilfreiche Erkenntnisse zur Pflanze findet man im Gärtnerblog
  • eine ganz spezielle Art aus der großen Gattung der Sansevieria wird im Aschenbecherblog vorgestellt – wobei ich immer noch am rätseln bin, ob der Name nomenklatorisch korrekt ist… aber es bestätigt die Rezeptur für die Sansevierien-Erdmischung, die ich im Sansevieria Handbook gefunden habe
  • ach eben – Sansevieria gibt es auch hier zu kaufen 🙂

  1. Anneke fand übrigens auch ein Pflanzengefängnis – gewissermaßen Pflasterritzen als Kulturraum. Bestimmt sehr gut geeignet für den sonst so invasiven Springklee []

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