Die Pflanzen mit dem merkwürdigen Namen die zu Weihnachten blühen und angeblich so schwierig zu pflegen sind. Hier lesen Sie, wie einfach es ist, mit ein wenig richtiger Pflege, jahrelang Freude an den wunderbaren Blüten von Schlumbergera zu haben.
Unsere schönste und größte Schlumbergera gibt es übrigens am Dienstag, 2. Dezember im mdr-Garten (ab 15.30 Uhr) zu sehen:
Blick in das weihnachtliche mdr-Garten Studio – man beachte das Buch für die Verlosung 🙂
Wo ist am Weihnachtskaktus der Kaktus?
Auch wenn es auf den ersten Blick nichts gemeinsames gibt – der Weihnachtskaktus ist ein echter Kaktus.
Die auf den ersten Blick fehlenden Dornen machen die Pflanzen auch für die sympathisch, die mit Kakteen sonst wenig am Hut haben. Ein weiterer offensichtlicher Unterschied ist in der Blütenform zu finden. Die meisten Kakteen haben eine symmetrische Blüte (jeder Mittelschnitt durch die Blüte ist identisch). Schlumbergera haben unregelmäßige (zygomorphe) Blüten, vergleichbar mit der Blüte des Löwenmäulchen. Die Blüten sind passend für die Tiere gestaltet, die für die Bestäubung sorgen. In diesem Fall sind das Kolibris mit einem gebogenem Schnabel, die ungefähr wie unsere Schmetterlinge von Blüte zu Blüte schweben.
Grafik: Ralf Holzheu – www.kakteensammlung-holzheu.de
Zu Hause sind Schlumbergera in den Küstenregionen Brasiliens. Die Pflanzen leben in feucht-warmen Gebieten meist auf Bäumen epiphytisch. Die Wurzeln ziehen die Nährstoffe aus Humusansammlungen in Astgabeln oder auf vermoosten Ästen. Sie sind keine Schmarotzer die vom Nährstoffhaushalt des Wirtsbaumes leben.
Benannt wurde die Gattung nach der französischen Gärtnerfamilie Schlumberger, die ersten Pflanzen kamen ca. 1839 nach Europa. Um den Gattungsnamen gibt es mitunter bis heute etwas Verwirrung, manchmal trifft man noch die Bezeichnung Epiphyllum (ausschließlich weiß- und nachtblühende Blattkakteen), Zygocactus oder seltener Epiphyllanthus.
In unserer Gärtnerei unterscheiden wir die Pflanzen nach Hybriden und Spezies. Als Hybriden, Sorten oder Kreuzungen werden die Pflanzen bezeichnet, die von Menschen gezüchtet, oder ausgelesen wurden. Derzeit sind mehr als 1000 Sorten von Schlumbergera bekannt, viele Sortennamen entstanden allerdings auch durch Schreibfehler oder Übersetzungen. (Gold Charm = Gold Charme = Golden Charm, Weihnachtsfreude ist mutmaßlich identisch mit Christmas Joy) Spezies, Species oder Wildformen sind die Pflanzen, die unverändert in der Natur in Brasilien vorkommen. Diese sind selten erhältlich, die Pflege erfordert etwas mehr Erfahrung, dafür ist das Erfolgserlebnis, eine ursprüngliche Blüte zu bewundern ein verdienter Lohn.
Die Pflege von Schlumbergera ist recht einfach, wenn einige Dinge beachtet werden.
- keine „Kakteenbehandlung“ – Schlumbergera mögen es hell, warm und feucht – aber alles in Maßen!
- die optimale Temperatur liegt in der Wachstumszeit zwischen 20 und 25°C. Temperaturen unter 12 und über 27°C verursachen fast immer Schäden an der Pflanze
- ein heller Standort in Fensternähe, aber ohne direkte Sonneneinstrahlung ist für die meisten Arten und Sorten von Weihnachtskakteen ideal. Die Ansprüche können allerdings etwas variieren. Sehr verblüfft war ich, als ich in der Sammlung von Dr. Ralf Bauer vor Gesundheit strotzende Schlumbergera fand, die er bei kühlen Temperaturen im Schatten hinter seinem Haus kultivierte.
- in unseren Gewächshäusern beobachteten wir, eine leichte, gleichmäßige Luftbewegung sorgt dauerhaft für gesündere Pflanzen. Dabei kann selbst ein kleiner PC-Ventilator schon eine große Hilfe sein. Zugluft und Stoßlüftung ist dagegen unbedingt zu vermeiden. Gravierende Temperaturänderungen sollte man vermeiden, diese führen fast immer zu Knospen- oder Triebabwurf
- durch regelmäßiges gießen und besprühen werden die Pflanzen konstant mäßig feucht gehalten. Zum gießen empfiehlt sich Regenwasser. Wo dies nicht verfügbar, oder verwendbar ist, kann auch entsprechend aufbereitetes Leitungswasser verwendet werden (z. B. abkochen, abstehen lassen oder Torfbehandlung – detallierte Informationen dazu im Thema Giesswasser für Pflanzen aufbereiten). Trockenheit aber auch Wasserüberschuss (stehendes Wasser) sorgen für Wurzelschäden in deren Folge die Pflanzen meist zu Grunde gehen.
- gedüngt wird über den Sommer alle 14 Tage mit 0,1 – 0,2 % Blattzellennährstofflösung.
- Schlumbergera fühlen sich am wohlsten in einem humosen gut durchlässigem Substrat. Wir verwenden dazu meist unsere normale Kakteenerde, aber auch eine feinere Absiebung unserer Epiphytenerde ist gut geeignet.
- elementar für die Blütenentwicklung ist die Ruhezeit im Herbst. Dafür sollten die Pflanzen zwischen September und Oktober bei etwa 15 – 18°C stehen und weniger gegossen weden. Bei zu niedrigen Temperaturen kann sich die Blütenfarbe verändern (weiße Blüten färben sich dadurch schmutzig rosa, gelbe oder orange Blüten färben sich nur schwach aus und bekommen einen rosa Hauch). Während der Ruhephase schließen die Schlumbergera ihr Wachstum ab. An den Triebspitzen zeigen sich ab Ende Oktober die Knospen.
- wer die Möglichkeit hat: ein idealer Standort ist eine Sommerfrische im Halbschatten unter Bäumen, der Lohn dafür: reicher Blütenflor, gesundes Wachstum und praktisch keine Arbeit.
- für technisch Interessierte: Schlumbergera reagieren auf den Kurztag (Tageslichtdauer < 12 h) Dieser Tatsache bedienen sich die Gärtner um Schlumbergera oder Weihnachssterne (Euphorbia pulcherrima) zu einem bestimmten Termin knospig liefern zu können.
Rettungsmaßnamen
Wenn eine Pflanze vertrocknet aussieht, oder in größerem Umfang Triebe verliert, ist das oft ein Hinweis auf Wurzelschäden. Ein weiterer Grund können Trockenheit oder zu große Hitze in den Sommermonaten sein. Unkontrollierte Wassergaben wäre jetzt unausweichlich der Tod für die Pflanze. Wenn die Wurzeln geschädigt sind, hilft bei älteren Pflanzen meist nur noch ein Rückschnitt bis in gesundes Gewebe. Manchmal bleibt nur noch ein großer alter Steckling übrig. Alte Pflanzen zu bewurzeln ist nicht immer einfach und von Erfolg gekrönt. Die Schnittfläche sollte einige Tage Zeit zum trocknen haben, eine Behandlung mit Bewurzelungspulver erhöht die Erfolgsaussichten. Danach empfiehlt es sich, den Steckling auf leicht angefeuchteter möglichst steriler Erde unter „gespannter Luft“ zu halten. Nach unserer Beobachtung neigen Pflanzen die so bewurzelt wurden häufiger dazu, wieder Triebe abzuwerfen. Aus diesem Grund ist es günstig, eine neue Jungpflanze aus dem gesunden Neutrieb zu gewinnen. Alternativ sind bereits in der Geschichte Pflanzen mit sehr empfindlichen Wurzeln auf Peireskopsis als sogenannte Kronenbäumchen veredelt (gepfropft) worden. Dies erleichtert nicht nur die Pflege, erhöht die Lebenserwartung und sieht durchaus hübsch aus.
Jetzt vor Weihnachten haben wir sehr viele schöne Schlumbergera im Gewächshaus bereit stehen. Das gesamte Sortiment gibt es im Kakteen-Haage Shop. Auf Wunsch gibt es zur Bestellung noch einmal Pflegetipps von unseren Gärtnern aus dem Gewächshaus dazu, eine kleine Notiz genügt.
Und noch etws ganz anderes:
Über leckere Schlumbergera-Marmelade habe ich vor einiger Zeit schon einmal berichtet > nachlesen im cactusblog Archiv
Und hier steht noch einmal, was einen Kaktus zu einem Kaktus macht.
Über den Autor
im Podcast seit 2019
Blogger seit 2005,
Kaktusgärtner aus Passion - seit 1970,
... in einer Familie von Kaktusgärtnern seit 1822
... und Gärtner in der Blumenstadt Erfurt seit 1685