CactusPodcast: Episode 044 – Philipp inside DKG – Deutsche Kakteengesellschaft

Ich bin Ulrich Haage und ich bin heute auf Podcast-Exkursion. Genau gesagt melde ich mich aus Hamburg, Hauptbahnhof, auf Gleis 11. Und ich bin auf dem Weg zu meinem heutigen Gast. Wir treffen uns heute in einer Gärtnerei und ich rechne damit, dass mir heute so viele Stacheln begegnen werden, wie ich auch zu Hause in den Gewächshäusern gestochen werden könnte.

Rosen?

Ich treffe heute Philipp bei seiner Arbeit und zwar in einer Rosengärtnerei. Warte! Es geht heute trotzdem um Kakteen! Philipp ist Mitte 20 und ich mutmaße, dass er seit etwa 15 Jahren vernarrt in Kakteen ist. Mit 12 hat er denn Chemnitzer Umweltpreis bekommen. Und einen Brief an seine Oberbürgermeisterin geschrieben und sich für den Erhalt des Botanischen Gartens eingesetzt. Er ist Künstler, malt in seiner Freizeit und. hat gerade sein Studium an der HTW Dresden abgeschlossen. In seiner Bachelorarbeit hatte sich tief in ein ziemlich spannendes Thema eingearbeitet. Ganz grob, es geht um Pflanzenlicht bei der Kultur von Lophophora.
Last but not least Philipp engagiert sich bei der Deutschen Kakteengesellschaft und kümmert sich dort um die Social Media Belange.
Und ich bin echt neugierig, was er uns darüber erzählt.

Ich habe jetzt eine Verabredung.

CactusPodcast Episode 044 - Philipp inside DKG - Deutsche Kakteengesellschaft

von Ulrich Haage | Kaktusgärtner, Blogger und Podcaster auf cactusblog.de | CactusPodcast

Kakteen im Gewächshaus: Eine dann doch unerwartete Begegnung

Wir sind im Gewächshaus und wir gucken heute auf Araukarien – weil ich mit meiner Erwartung völlig falsch lag!
Wir sind heute nicht bei Rosen Kordes, sondern bei Kordes Jungpflanzen. Hier werden keine Rosen angebaut, sondern Jungpflanzen für Baumschulen in ganz Europa produziert. Vorhin hatten wir noch einen kurzen Schnack mit Christian Kordes, der Chef. Philipp ist hier in der Gärtnerei in Züchtung tätig 
Philipp war sehr nett und hat uns in ein Gewächshaus eingeladen. Vor uns auf den Tischen stehen etwa 5000 Araukarien-Sämlinge. Ich habe sowas vorher noch nicht gesehen. Man kann schon die Araucaria erkennen, manche haben wie ein Hütchen – also noch die Reste der Samenhülle oben am Austrieb stecken – und die wachsen hier vor sich hin. Es ist richtig schön warm, die Sonne scheint, und wenn ihr zwischendurch ein lautes Quietschen und Getöse hört, dann ist das der automatische Schatten, damit es uns nicht unangenehm warm wird. Manchmal gibt es auch Flugzeuge oder anderes Geflügel über uns.
Jetzt die erste Frage:wie bist du zu den Kakteen gekommen?
 

Philipps Weg zu den Kakteen

** Philipp ** Das weiß ich ehrlich gesagt gar nicht mehr so genau. Ich interessiere mich schon mein Leben lang für Pflanzen und schon in der Schule war ich in einer Botanik-AG im Botanischen Garten in Chemnitz, da komme ich her. Pflanzen waren immer irgendwie interessant für mich.
Das mit den Kakteen kam irgendwann, ungefähr zu Beginn meines Studiums – ich habe Gartenbau in Dresden studiert und da ging das los, im Zierpflanzenbau. Und ja, dann bin ich dieses Rabbit Hole immer tiefer hinabgestiegen. (Also es sind keine 15 Jahre, wie ich es vorhin erzählt habe.)

**Ulrich:** Weißt du, was dich angefixt hat? Hast du den Stich erlebt, als der Kakteen-Virus bei dir injiziert wurde?

**Philipp:** Auch das weiß ich gar nicht mehr so genau. Ich habe mir irgendwann mal einen Kaktus auf die Fensterbank gestellt.  Eine Mammillaria geminispina – und dazu kam dann irgendwann ein zweiter und ein dritter und ein vierter, und dann war die Fensterbank irgendwann voll. Und dann war die nächste Fensterbank dran. So ging es bei mir los. Ich bin zwischendurch mal umgezogen, weil die Fensterbretter voll waren. Nein, nein, das nicht, aber ich hatte in der nächsten Wohnung tatsächlich ein paar Fensterbretter mehr.

**Ulrich ** Deine Eltern haben dich da unterstützt?

**Philipp:** Oh ja, doch, kann man so sagen. Meine Mutter hat mir zum Geburtstag mal einen Gutschein zum CactusWorkCamp geschenkt, das war unsere erste Begegnung.

 

Mentoren und die Faszination für Kakteen

**Ulrich ** Gab es jemanden, der dich bei den ersten Kakteen begleitet hat? Gab es einen Mentor für dich, der dir so bei den ersten Sammlungen, bei den ersten Pflanzen geholfen hat und dir erklärt hat, wie das geht, oder hast du das alles selber erobern dürfen?

**Philipp ** So richtig an die Hand genommen wurde ich nicht. Ich habe mich viel in Büchern und in Foren belesen. Wahrscheinlich gab es eine ganze Menge Leute, die mich da inspiriert haben. Aber ich glaube, wenn ich jetzt anfangen würde, Namen aufzuzählen, würde ich irgendjemanden vergessen.

Ich blättere gerne durch die „KuS“ (Kakteen und andere Sukkulenten) und bleibe an verschiedenen Artikeln hängen. Vor allem Reiseberichte.Aber auch da ist jetzt kein Autor, der mich ganz besonders beeinflusst hätte.

**Ulrich ** Okay, muss ja nicht, das war jetzt nur so die Überlegung. Manchmal hat man dann irgendwie eine Person in Erinnerung. Also ich müsste bei mir auch graben, ich wüsste jetzt auch nicht, aber eben gut, ich habe natürlich auch so ein Stück weit an der Quelle gesessen. Wenn es in der Pflanzenwelt etwas gibt, das bei mir initial das Interesse geweckt hat, dann war das die Zeit im Botanischen Garten in Chemnitz. Da gab es einen Lehrer, im Schulbiologiezentrum der hat diese AG gemacht, der hat mich in das ganze Thema Pflanzen reingebracht – nicht speziell Kakteen, aber ich bin ja vielseitig interessiert, sonst würde man wahrscheinlich als Kakteenliebhaber auch nicht in der Baumschule lande. Das kann man als den Anfang sehen.

 

Umweltschutz und Kakteen: Philipps frühes Engagement

**Ulrich ** Du hast mit zarten zwölf Jahren schon einen Umweltpreis gekriegt?

**Philipp:** Den Umweltpreis der Stadt Chemnitz. Damals haben wir uns mit Ackerwildkräutern im Raum Chemnitz beschäftigt

**Ulrich ** Und dann stand irgendwann dem Botanischen Garten das Wasser bis zum Hals. Da hast du dich dann dafür eingesetzt und hast gesagt: Liebe Stadtverwaltung…

**Philipp:** …so nicht!

Da hast du aber ganz schön tief gekramt!

**Ulrich ** Zurück zu den Kakteen: Was sticht dich sozusagen? Gibt es irgendwas, wo du sagst, das fasziniert mich ganz besonders an den Kakteen?

**Philipp:** Ich glaube, es ist diese Vielfalt an Überlebensstrategien, die diese Pflanzenfamilie über Jahrmillionen entwickelt hat. Also wenn du die Lebensräume anschaust, die von Epiphyten die Regenwälder im Amazonas oder auch in anderen feuchten Gebieten bewohnen – auch ganz, ganz wild habe ich neulich gesehen, eine Mammillaria, die auf so einer Eiche auf dem Kork wächst – eher zufällig, das ist ja kein geplanter Epiphyt, aber sowas ist total interessant. Und dann die Küstennebelregionen, wo Pflanzen das Wasser aus der feuchten Luft auskämmen, und das reicht denen, um zu wachsen. Oder im Extremen: großartige Pflanzen, die gehen dort Meter tief, bis sie irgendwann am Grundwasser sind. Sind die eigentlich gar keine Sukkulenten? Irgendwo scheint dieser Überlebensinstinkt oder diese Überlebensstrategie dazu geführt zu haben, dass diese Pflanzen bis jetzt nicht ausgestorben sind, und das ist einfach Wahnsinn. Also das holt mich halt so ab, diese Vielfalt an Methoden, unter widrigsten Bedingungen einfach weiterzuleben und diesen Lebensraum für sich zu erschließen.

 

Kakteen, Klimawandel und dynamische Sammlungen

*Ulrich ** Ist das eine Sache, die auch mit dem Klimawandel vielleicht erklärbar ist?

**Philipp:** Wie meinst du das genau?

**Ulrich ** Naja, also als ich in deinem Alter war, da hat die Braunkohleheizung die Luft versaut. Und dann gab es das Ozonloch, was wir irgendwie wieder zu kriegen mussten. Und heute brennt die ganze Welt.

[Ich weiß nicht, ob man die Möwen über dem Gewächshaus hört, wir sind wirklich richtig im Norden.]

**Philipp:** Das Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz, Klimawandel – klar, das beschäftigt, glaube ich, jeden Menschen in meiner Generation und in den Generationen, die jetzt nach mir noch kommen, die wird das noch mal mehr beschäftigen. Es gibt von Detlef Metzing, dem Artenschutzbeauftragten der DKG, einen sehr interessanten Vortrag, wie sich die Kakteenpopulation mit den aktuellen Klimawandelprognosen verschieben würden. Also welche Arten sich ausbreiten, vorausgesetzt, die Pflanzen sind schnell genug in der Reproduktion.

**Ulrich ** Wenn du jetzt auf deine Fensterbänke guckst, was steht da? Ist deine Sammlung auf eine bestimmte Gattung fokussiert oder bist du da völlig frei?

**Philipp:** Ich habe schon so meine Lieblingsgattungen, das sind vor allem Lophophora und aber auch ganz viele kurze Säulen aus Brasilien. Die Catinga ist ein wahnsinnig interessanter Lebensraum, und Minas Gerais, diese Region. Aber an sich muss ich zugeben, ist meine Sammlung eher sehr dynamisch. Ich bin interessiert an Pflanzen, die besonders blühen. Wir haben vorhin über Rebutia gesprochen, da gibt es einige Blütenfarben, die kriegst du auf dem Foto schlecht eingefangen. Wie du vorhin erklärt hast geht das mit Dias schon irgendwie.

**Ulrich ** Ja, aber das ist eine Technik, die ich nicht mehr nutze, mein Vater hat das noch benutzt.

**Philipp:** Ich habe eine Rebutia zum Beispiel mal für ein paar Jahre stehen. Warte auf die Blüte, schau sie mir an, mache ein Foto und gucke, ob ich es einfangen konnte, und dann habe ich mich gewissermaßen sattgesehen und geb die Pflanze dann eben an den nächsten, der das meines Erachtens auch mal sehen sollten. Da ist viel Bewegung drin und ich tausche gerne hin und her und lass mich da auch inspirieren und anstecken, wenn jemand sagt, guck dir das mal an, dann kommt das auf die temporäre Wishlist.

**Ulrich ** Du sammelst also nicht Echinocereus coccineus in all seinen Verbreitungsgebieten im Gewächshaus zusammen, sondern es geht um veränderliche Interessen?

**Philipp:** Ja, das ist für mich spannend. Ich finde es total charmant, wenn das jemand macht und wenn das so das Ziel ist, aus einer Gattung irgendwie alles haben zu wollen. Manchmal geht das ein bisschen ins Klinische über, das finde ich dann merkwürdig, aber hey, das gibt verschiedenste Menschen und Charaktere in der DKG unter den Ortsgruppen und von daher. Wenn das der Anspruch von jemandem ist, dann ist das auch vor allem von der Bewahrung der Genetik saucool, wenn jemand eine ganze Gattung dastehen hat in all ihren Subspezies und Formen und Varietäten.

Wissen akkumulieren und das soziale Miteinander

*Ulrich ** Das hat ja auch mit Wissen zu tun. Ich glaube, man kann das schön nebeneinanderstellen. Spleenig ist das Ganze sicher, aber in meinen Augen eine sehr fruchtbare Form von Spleen, weil es natürlich dadurch sorgt dass wir Wissen akkumulieren, wir tragen Wissen über bestimmte Pflanzen zusammen.  Was ich auch ganz spannend finde, ich würde dich das gerne noch mal in 15 Jahren fragen, ob sich da was ändert oder neues rauskristallisiert.

Wir kennen ja Carl Spitzweg, den Maler der unter anderem den Kakteenfreund oder den Kakteensammler in verschiedenen Facetten dargestellt hat, das ist ja immer so ein introvertierter Typ.

Wo siehst du dich? Bist du also eher einer, der bei seinen Pflanzen Ruhe und Zuflucht sucht, oder bist du eher einer, der über die Pflanzen rausgeht und sagt, darüber lerne ich andere Menschen kennen?

Philipp inside DKG - Deutsche Kakteengesellschaft next Generation

Outro

Zurück auf dem Bahnhof in Hamburg – diesmal auf Gleis 5. Und ich bin noch voller Begeisterung von dem Besuch bei Philipp!
Ich gehe ja davon aus: Ich kenne die Kakteen-Szene einigermaßen – aber ich muss sagen, ich habe mich sehr gefreut, weil manches von dem, was Philipp mir aus seiner Kakteenwelt erzählt hat, mich überrascht hat. Und zwar positiv! Vor allem der Blick in die neue Generation Kakteenfreunde. Der stimmt mich einfach zuversichtlich. 
Wenn du dich für die Deutsche Kakteengesellschaft interessierst – und das kann ich dir wirklich ans Herz legen: Du findest sie unter www.dkg.eu  und den Insta-Account einfach unter @deutschekakteengesellschaft. Mir war es schon lange ein Anliegen, mal über die Deutsche Kakteengesellschaft zu berichten, um die gute Arbeit, die dort von vielen engagierten Menschen geleistet wird, auch hier mal sichtbar zu machen – und ich mag die Art sehr, wie Philipp davon erzählt. Ruhig, entspannt und unaufgeregt.
Und nachdem wir die Mikros ausgeschaltet haben, hatten wir noch sehr viel mehr zu erzählen, so viel, dass es eine Fortsetzung unseres Gesprächs geben muss. Aber eigentlich haben wir das schon vorher gewusst – und deswegen treffen wir uns schon bald wieder – in Erfurt.
Du darfst also gespannt sein auf die CactusPodcast Episode 45.
Das war die Nummer 44 – mit einem ganz speziellen Shoutout an Markus Tirok, für seine Unterstützung beim Gedanken sortieren – und ich bin jetzt raus – mein Zug fährt!
 
Tschüss!
 
 

Zusammenfassung

[vorerst und temporär]

Wenn du bis hierher gelesen hast, dann hast du das Ende des KI-Transkripts erreicht, das ich bislang überarbeitet habe – und dann darfst du mir eine Nachricht schicken. Ich bin noch nicht sicher, ob ich den Rest noch ergänzen werde, denn es kostet unheimlich viel Zeit, die Mitschrift zu straffen und die Zuordnung der Sprecher wieder auseinanderzudröseln. Das ist übrigens auch der Grund für die Verzögerung der Episode, die wir bereits Anfang Juni in Hamburg aufgezeichnet haben – die Episode 043 „Im Gewächshaus“ ist zwar schon on Air, wurde aber erst danach aufgenommen. Ein paar kleine Insider-Infos.

Das war mein erster Versuch, im Gegensatz zu den bisherigen Interviews hier ein Transkript zu hinterlegen. Was ich lustig finde, die KI lernt noch fleißig. Im Originaltext habe ich Philipp beispielsweise mal auf dem Avocadofeld getroffen, aber auch in Arcadien. Ich fürchte, ich muss etwas an meiner Aussprache arbeiten – so ein Genuschel geht ja gar nicht!

Wir hören uns!
Besser.
 

Shownotes zur Episode 044 – Philipp inside DKG

Alle Links und weiterführende Informationen hier noch einmal auf einen Blick:

Über den Autor

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