Cactusbookstore – macht schlaflos auf der cactusfarm
Es war eine verdammt lange Nacht. Dabei hatte ich alles vorbereitet, damit ich heute mal früher, so um 21.00 Uhr, Feierabend mache. Rotwein, Oliven, ein wenig Käse standen schon neben der Couch bereit. Ich freute mich auf einen Leseabend zu Hause.
Statt dessen:
Leseabenteuer im Office
Kurz vor 20 Uhr klimpert mein Postfach. Chuck Everson schreibt mir von seiner letzten, umfangreichen Bücherliste.
Ein bisschen Hintergrund:
Besser bekannt – speziell unter Epi-Freunden – sind Chuck Everson und Gerry Williams lange Jahre als Inhaber der Epiphytengärtnerei Rainbow Gardens. Ich habe beide vor einigen Jahren in Vista, Californien besucht. Unzählige Blattkakteen standen in der heißen Mittagssonne, etwas geschützt in den dort tyischen Schattenhäusern. Schon allein aus dem Grund war die Einladung in den book store eine willkommene Abkühlung. Die Bücher, die ich dort sah, ließen mich einigermaßen neidisch zurück.
Wenngleich der Streifzug mit Gerry durch die Epicactusbestände das nicht viel besser machte. So viele hier noch nie gesehene Sorten an einem Platz und in bestem Pflegezustand. Übrigens: viele unserer Epi-Mutterpflanzen stammen aus der Gärtnerei in Vista.
Inzwischen ist die Gärtnerei seit einigen Jahren geschlossen – und auch der Rainbow Gardens Bookshop wurde verkauft und hat nun eine neue Heimat in Arizona.
Dennoch tut Chuck Everson das, was wahrhaft Bibliophile tun – sie können nicht ohne Buch. Darum gab es wenig später den cactusbookstore mit der bekannt guten Expertise und großer Auswahl seltener Bücher. Regelmäßig habe ich dort Bücher gefunden, die sonst nicht mehr zu bekommen waren.
Alles vorbei?
Und heute nun soll das alles Geschichte sein? So kündigt er es in seiner Mail an. Daneben der Hinweis auf die umfangreiche Liste an Büchern – und gleich auch – was von dieser Liste bereits wieder ausverkauft ist. Ich lasse Rotwein und Käse stehen und setze mich an die Bücherliste.
Denn die lässt tief blicken. Sehr tief.
Seltene, teilweise sehr alte, und sehr spezielle Bücher.
Und ich freue mich: die Abteilung der Haage-Literatur ist ganz ordentlich. Allerdings sind da die Raritäten bereits ausverkauft – die seltenen Bücher aus dem Auriga-Verlag (zum supergünstigen Preis) sind längst weg. Ebenso die Bücher aus der Ära meines Urgroßvaters. Schade.
Um halb vier bin ich durch: sage und schreibe 530 Seiten. Mit merklichen Konzentrationsstörungen – aber glücklich – verlasse ich mein Büro.
Auf dem Weg nach Hause denke ich darüber nach: ‚Wie mag es Chuck gehen, wenn er diesen Schatz in Einzelteilen in alle Welt verschickt?‘. Das stelle ich mir schmerzlich vor.
Für alle Cactophile: hier ist der Link zu Chucks Webseite.
Über den Autor
im Podcast seit 2019
Blogger seit 2005,
Kaktusgärtner aus Passion - seit 1970,
... in einer Familie von Kaktusgärtnern seit 1822
... und Gärtner in der Blumenstadt Erfurt seit 1685