Gestern war das Erfurter Umweltamt bei uns.

Bisher dachte ich, der Umgang mit dem Finanzamt hätte das höchste Frustpotential, nun bin ich nicht mehr sicher.

Aber der Reihe nach:
Im September verlor eine Autofahrerin nächtens die Kontrolle über Ihren kleinen Corsa, kam von der Straße ab und brachte zwei 6 Meter hohe Fichten nebst Gartenzaun zu Fall. Die Ruinen sollten bei der anstehenden Zaunreparatur final gefällt und in 2 Jahren im Kamin einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden.
Der Unfall war ärgerlich, nicht nur für die Corsa-Fahrerin, auch für uns, weil die Bäume eigentlich schön waren.

Eigentlich….
Vor einiger Zeit bekamen wir den Hinweis: ganz so einfach ist das alles nicht.

Die Stadt Erfurt hat natürlich eine Baumsatzung, die auch für Unfallbäume gilt. Und da will das Umweltamt mitreden.

Und das hat es nun getan:
Die Bäume wurden von Nachbar Wilfried vor etwa 20 Jahren aus Samen gezogen und sollten als Weihnachtbäume jedes Jahr Freude machen. Irgendwie sind die Bäume aus dem Ruder gelaufen, es waren derer zu viele und die sind auch noch üppig gewachsen.
Nach dem Unfall hatte es sich dann auch fast erübrigt, denn die letzten zwei verbleibenden ansehnliche Exemplare sollen in diesem Jahr die Predigerkirche zu Weihnachten schmücken.
Damit die Predigerkirche die versprochenen Bäume bekommen kann, bedarf es in Erfurt einer Fällgenehmigung. Plus 42,50 € Fällgebühr (mindestens), plus eine Nachpflanzung oder 125 € in die Stadtkasse. Weil die Bäume schon mehr als 30 cm Stammumfang haben (nicht etwa Durchmesser!).

Für unsere Unfallbäume wäre dem Amt die Strafzahlung am liebsten. „Zahlt ja eh die Versicherung!“ – so der Kommentar.

Ganz Klasse Einstellung!

Ach ja. Dann ist da noch ein Nussbaum, der vermutlich in ein paar Jahren an Altersschäche auseinanderbricht, den haben wir zur Sicherheit mit aufnehmen lassen. Bei den Gebühren und dem arroganten Umgang will ich die Brüder vom Amt so schnell nicht wieder auf dem Hof haben. Nun hat der Nussbaum 2,80 Meter Umfang, da sind drei kleine Bäume nachzupflanzen (einer für jeden angefangenen Meter).
Mein sonst aufgeschlossener Umgang mit dem Umweltschutz hat heute einen ordentlichen Knacks gekommen. 
Mein Einwand, dass in den letzten 5 Jahren etliche Bäume auf dem Grundstück gepflanzt wurden, wurde abgeschmettert, „die Nachpflanzung heisst Nachpflanzung, weil es erst nach dem Fällen stattfindet“. Der Umstand, dass man schon ein paar Jahre vor der Fällung Gedanken um die Gestaltung macht, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Für den Nussbaum z.B. wurde ein Ginko gepflanzt, damit der Standort dann nicht so kahl ist.

Liebe Stadt, ich frage mich, was Ihr mit Eurer Baumsatzung erreichen wollt, außer die Arbeitsplätze für ein paar Paragraphenreiter und die Strafzahlungen.
Ich für meinen Teil schaue nun sehr kritisch, ob die kleinen nachwachsenden Bäume wirklich groß werden sollen und so in Euern „Bestandsschutz“ fallen oder ob es nicht in paar Büsche auch tun, auf den Ihr dann nicht die Hände habt.
Nach Eurer Theorie hat man ja irgendwann ein Waldgrundstück, wenn man für die großen Bäume immer viele kleine nachpflanzen muß – oder man zahlt halt…

Interessant waren auch die Reaktionen aller, mit denen ich bis jetzt meine Geschichte geteilt habe. Durch die Bank weg gab zwar Verständnis für die Bäume und dass gerade große, würdevolle Exemplare nicht einfach abgesägt werden können, aber im selben Atemzug auch Unverständnis oder eine eigene Geschichte mit dem schwierigen Umgang mit dem Umweltamt. Da war keiner, der das Vorgehen der Stadt gutheisst.

Irgendwie hab ich das Gefühl, dass ist nicht bis zu Ende gedacht…

[rs]

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