Soooooooo geil!
Und unerwartet.
Mittags Mietwagen abgeholt.
Kenne ich nicht: Ford Falcon XR6
Sieht aus wie ein braves amerikanisches Familienauto, nur der Auspuff. Hm?
Hat sogar ein Navi on board.
Okay, let’s go: Route nach New Plymouth:
Nö, nicht Highway, ich will Küste, den Pazifik sehen. Ich fahre erstmal nach Raglan. Da geht schon Küste. Und von dort muss es laut Karte eine kleine Straße nach Süden geben. Navi sagt: geht nicht durch.
Wenn ich bei Google ganz weit aufziehe, dann scheint sie durchgängig zu sein. Google will aber auch lieber Highway.
Ich fahre einfach.
Wow. Meer.
Anhalten, Foto machen.
Wow noch Meer.
Anhalten, Foto machen.
Wow, Strand.
Abstieg, Sandsturm, besser kein Foto machen, Sonne liegen.
Strand laufen.
Mist. Hose nass. Kalt!
Zurück. Weiterfahren.
Beide Navis schreien ‚Wenden!‘
Die Straße ist jetzt ziemlich schmal.
Nach vielen Stops mit Foto kommt ein Schild: ‚gravel road‘.
Das merke ich.
Upps, das Ding hat ja Heckantrieb. Merklich! Wozu denn das?
Und der hat sowas von Bums! Das ESP greift immer mal ein.
Ich ich muss höllisch aufpassen, Landschaft gucken, Kinnlade fallen lassen und diesen Boliden auf Kurs halten, das beißt sich.
Satte drei mal bin ich kurz vor dem Graben oder schlimmerem. Ein kurzer Kickdown rettet die Situation. Adrenalin pur! Der Mount Karioi ist nicht mehr aktiv, mitunter schroff und ziemlich hoch.
Die Landschaft verschlägt mir die Sprache die ich ohnehin nicht brauche. Nicht reden. Ich bin platt. Nicht denken. Ich sauge nur auf.
Die Aussicht ist extrem, wie es ein ‚kurz mal vom Weg abkommen‘ an manchen Stellen auch wäre. Ein langer steiler Absturz, unten noch kurz die Klippen und dann der Pazifik, Tasmanian Sea.
Irgendwann bin ich über den Kamm. Jetzt abwärts. Die Kurven sind genauso eng wie vorher. Hammer.
Du weißt nie, kommt dir vielleicht jemand entgegen? (auf den kalkuliert 240 Kilometern: drei Autos, eine Surferin, Schafe, Kühe, Kaninchen, Ziegen, Fasane, Puten – und die stehen immer hinter einer Kurve, garantiert!)
Bremsen auf losem Schotter ist krass. Noch schlimmer ist aber, wenn der Motor bremst. Das Heck wedelt übler als beim Ski fahren. Irgendwann begreife ich: das ESP arbeitet auch da sehr zuverlässig, gleicht die Geschwindigkeit an und hält Kurs ohne den Spaß zu verderben.
Langsam bekomme ich eine Ahnung, die Kutsche ist vielleicht doch eher für schnelle Strecken, denn für shopping gebaut. Irgendwann habe ich den Dreh raus, wie Schotter und driften geht. Und dann geht’s ab. Es rumpelt manchmal herzhaft unter mir. Ich schaue, nachdem ich durch eine Auswaschung gerauscht bin. Außer Schlamm, kann ich nix sehen.
Dafür sehe ich die Sonne untergehen. Der Wahn in Tüten!
Nun ja – die Schattenseite: nach dem Sonnenuntergang folgt meist die Nacht. Hier ziemlich schnell.
Also Schotterrallye im Dunkel. Eher blöd. Vor allem nachdem die Navis sich nun gefunden haben und einig sind: noch ca. 8 Stunden, 380 km, davon 190 auf ‚unbefestigten Straßen.‘ Heiland! Wo bin ich hier?
Ich fahre bei Nacht durch lose Steine, ‚unbefestigete Straße‘, sehe in die rote Augen der gemächlichen Opossums1. Die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h außerhalb von Ortschaften bekommt auf diesen Straßen eine völlig andere Bedeutung, wirkt auf mich höhnisch. Grummel!
Und zugleich – das ist eine Form von Abenteuer um die ich mich selbst beneiden werde.
Irgendwann bin ich wieder auf normalen Straßen.
Beide Navis rechnen neu und kommen auf eine überraschend erträgliche Distanz, noch etwa 90 Minuten.
Irgendwann, nach zwei weiteren Stunden und gefühlt fünfzehn geschlossenen Motels habe ich ein Bett für die Nacht.
Ziel erreicht.
—-
Schattenseite n° 2: Wer nächtens durch die Gegend fährt sieht nichts von der Gegend.
So sah ich die Gegend am nächsten Morgen:
Mount Taranaki
- und bin werde am Ziel stolz sein, ohne Road Kill anzukommen [↩]
Über den Autor
im Podcast seit 2019
Blogger seit 2005,
Kaktusgärtner aus Passion - seit 1970,
... in einer Familie von Kaktusgärtnern seit 1822
... und Gärtner in der Blumenstadt Erfurt seit 1685
Das glaube ich Dir gern.
Ich habe die Gegend ja nur im ‚Tiefflug‘ durchmessen. Richtig sehen, die Landschaft erleben und aufsaugen dass geht nur zu Fuß.
Atemberaubend war es in jedem Fall.
Hallo Ulrich.
Ich war auch in der Gegend und es war Hammer 😉
Ich habe eine 8-stündige Wanderung gemacht, erst am Berg entlang und dann durch ein Sumpfgebiet zwischen dem Mount Taranaki und den Ranges. Es war den Muskelkater am nächsten Tag definitiv wert. Hier habe ich die bisher schönsten Fotos meines Neuseelandaufenthaltes gemacht. Außerdem habe ich mir von meinen Mitwanderern sagen lassen, dass es hier sogar noch schöner ist als am Mount Ruapehu weil die Landschaft nicht so karg ist.
Weiterer Pluspunkt: Man ist nicht mit so vielen Leuten unterwegs. Wir sind in den 8 Stunden insgesamt 11 Menschen begegnet. Also nicht so touristisch wie das Tongariro Crossing.
Ja, das war es in der Tat!
Es dröhnt immer noch ein bisschen 🙂
Schöne Bilder, war bestimmt ein hammer Erlebnis!