Baldrianblütenextrakt – Alles nur Hokuspokus?
„Haben Sie das nötig?“
„Warum verkaufen Sie Baldrianblütenextrakt?“
Ich finde es gut, wenn die Dinge, die ich tue hinterfragt werden. Das hält mich immer wieder an, genau hinzuschauen.
In diesem Fall war es eine Mail von einem Kakteenfreund, der enttäuscht war, Baldrianblütenextrakt in unserem Sortiment zu finden. Er sagt: „ein Eso-Wundermittel, dessen Wirksamkeit keinerlei wissenschaftliches Fundament hat“ – und damit hat er recht – mit dem zweiten Teil der Aussage. Weiter fragt er: „wie kann eine Gärtnerei wie Kakteen-Haage so etwas anbieten?“
Schauen wir mal dahinter:
Was ist Baldrianblütenextrakt – Fakten oder Interessantes
Für die Herstellung werden die Blüten der Baldrianstauden geerntet. Daraus wird dann ein Auszug hergestellt.
Hier entsteht übrigens der Unterschied zwischen
- Baldrian-Blüten-Extrakt und
- Baldrian-Extrakt
Für ersteren werden ausschließlich die Blüten gesammelt, für Baldrian-Extrakt wird die ganze Pflanze verwendet – darum ist der letztere deutlich günstiger. BBE wird häufig in Gärtnereien und Landwirtschaften verwendet die den anthroposophischen Gedanken von Rudolf Steiner folgen. Dort wird auch der Baldrianblütenextrakt hergestellt.
Tipp – noch günstiger ist selber machen: Alexandra Niskios hat bei „diese rombergs“ schön beschrieben, wie sich Baldrianblütenextrakt selbst herstellen lässt. Und sie schreibt dort auch über die Wirkung von BBE an ihren Kakteen.
Hier eine Liste der Wirkung die Baldrianblütenextrakt nachgesagt wird:
- mehr Blühfreude: Pflanzen blühen länger, ‚intensiver‘ und setzen mehr Blüten an
- höhere Frosttoleranz1
- Bodenleben, die Bodenorganismen werden aktiviert, Umsetzungsprozesse werden beschleunigt
- die Auflaufzeit von Saatgut wird durch einweichen in BBE-Lösung verkürzt, das Aussaatergebnis fällt gleichmäßiger aus
Manche dieser Aussagen erzeugen bei mir zweifelndes Stirnrunzeln. Und relativ unisono finde ich allerorten die Feststellung „was die positive Wirkung bei den Pflanzen erreicht ist nicht beschrieben / lässt sich nicht belegen.“
Bislang konnte ich auch noch nicht herausfinden, seit wann BBE bei Kakteen verwendet wird. Ich habe nach den ersten Anfragen, das war etwa 2003, im Internet gesucht und fand bei Michael Kießling eine glühende Empfehlung. Im kakteenforum.de gibt es eine lesenswerte Diskussion in der eine Reihe interessanter Beobachtungen und Informationen zusammengetragen sind.
Meine ersten Gedanken zu BBE
‚Kakteen muß man einfach mit BBE begießen, dann werden sie satt grün und bei nächster Gelegenheit wunderbar blühen.‘
So in etwa hatte ich das verstanden – und sooo einfach konnte ich mir schwer vorstellen – meine Zweifel waren umgehend zur Stelle.
Dennoch häuften sich in der Folgezeit die Nachfragen derartig, dass ich mich auf die Suche nach einer Quelle begab – und wurde fündig:
Oh Bio Mio!
Bei Demeter-Betrieben im ökologischen Landbau ist Baldrianblütenextrakt seit langem bekannt, denn dort wird der Baldrianblütenextrakt hergestellt und auch in größeren Mengen verbraucht. Das mag für den Einen weiteres Öl ins Feuer der Zweifel sein. Mich überzeugt es, wenn Profis in anderen Bereichen Dinge tun, deren Nutzen ich bei mir nicht gut einschätzen kann.
Bei Kakteen-Haage gab es also nun Baldrianblütenextrakt zum ersten Mal im Angebot. Die Nachfrage überraschte mich sehr. Fortan stecken die kleinen dunklen Flaschen in vielen Paketen.
Nach einiger Zeit bin ich neugierig – und finde immer wieder ziemlich lebhafte Debatten im Internet, was BBE mit Kakteen macht – oder eben auch nicht.
Da sind die Einen, die laut „Hokuspokus!“ rufen – und es gibt die überzeugten Anwender, die sich über ihre wunderbar – und viel mehr als früher – blühenden Pflanzen freuen. Ich finde unter den Befürwortern erfahrene Kakteenfreunde mit umfangreichen Sammlungen, die sich nicht so schnell etwas vormachen lassen. Ebensolche erteilen der Idee eine klare Absage.
Meinungen sind aber eben etwas persönliches. Nicht mehr – und nicht weniger.
BBE bei Kakteen-Haage?
Benutzen wir bei Kakteen-Haage Baldrianblütenextrakt?
Das ist eine berechtigte Frage. Und ich gestehe: bislang haben wir das auch noch nicht ausprobiert. Ich bin tatsächlich erst vor einigen Tagen in einem Gespräch überhaupt auf die Idee gekommen. Ich finde die Frage spannend, ob unsere Mutterpflanzen dann anders blühen – und wir mehr Samen ernten können.
Das ist für 2017 schon mal gesetzt.
Ich werde berichten.
Endlich bleibt die spannende Frage:
Baldrianblütenextrakt: wirksam oder nicht?
An der Stelle Danke an MarcoPe vom kakteenforum.de für die Anregung, diese Frage einfach mal praktisch mit einem Versuch zu beleuchten. Ein schlichter AB-Test in unseren Gewächshäusern ist schon einmal ein erster Ansatz.
Ich habe noch eine andere Idee im Hinterkopf – mehr darüber, wenn es etwas zu berichten gibt.
Es bleibt also spannend.
- dieser Quelle zufolge soll die Behandlung mit Baldrianblütenextrakt die Umgebungstemperatur der Pflanze um 3° C anheben [↩]
Über den Autor
im Podcast seit 2019
Blogger seit 2005,
Kaktusgärtner aus Passion - seit 1970,
... in einer Familie von Kaktusgärtnern seit 1822
... und Gärtner in der Blumenstadt Erfurt seit 1685
Die Verbindung zwischen Baldrian und Katzen kennen wir als Gärtner auch. Allerdings wird die Reichweite der „anziehenden Wirkung“ ziemlich übertrieben dargestellt.
Unsere Gärtnereikatzen haben sich vom Baldrian für die Pflanzen noch nie besonders angezogen gefühlt.
Aber vielleicht hat jemand anderes schon andere Erfahrungen gemacht 🙂
Hallo,
das BBE wurde mir von Kakteenfreunden wärmstens empfohlen. Aber
Baldrian ist doch bekannt dafür des es Katzen magisch anzieht.
Wie sind da beim BBE Eure Erfahrungen? Möchte nicht das alle Katzen der Nachbarschaft sich in meinem Gewächshaus Zuhause fühlen.
Hallo allerseits,
ein BBE-Wirksamkeitstest muss m. E. sehr aufwendig angesetzt werden, wenn das Ergebnis „wasserdicht“ sein soll. Das habe ich in meiner Homepage http://www.kakteen-schade.de unter „Was von BBE zu halten ist“ ausführlich beschrieben. Den Test kann man sich aber zum Glück ersparen, denn BBE braucht man gar nicht! Wenn man Kakteen richtig kultiviert, dann blühen sie von-sich-aus reichlich – auch in jungem Alter! Mit vielen Bildern in meiner Homepage habe ich das bewiesen.
Viele Grüße
Reinhart Schade, Olching
Hallo Marco, eine gute Idee.
Damit sollte innerhalb einer endlichen Zeit ein Trend erkennbar werden.
Ob Wundermittel oder nicht.
Schöne Grüße nach Berlin …
Es wäre doch eigentlich ziemlich einfach, sich einen Platz in den Gewächshäusern zu suchen, einen Teil der Pflanzen zu kennzeichnen – warum nicht Sämlinge – und mit dem Wundermittel zu behandeln. Nach einiger Zeit sollte ein Ergebnis sichtbar sein.
Dasselbe schlug ich vor Jahren auch Michael Kiesling in einer entsprechenden Dskussion im Forum vor. Meines Wissens hat er es nie getan…
Ich sehe das Mittel auch kritisch!
Grüße von
Marco Wentzel, Berlin
Super das du so mit Kritik umgehst. 🙂