Jetzt gibt es einen leeren Fleck im Haus 4 – und hier ist die Stelle für eine Schweigezeile:
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Hier hat er gestanden – der letzte unserer beiden offiziell CITES-registrierten Importpflanzen – ein dicker Discocactus bahiensis. Vor 36 Jahren hat mein Vater die beiden Pflanzen damals mit Passierschein aus einer Kakteensammlung im Sperrgebiet1 geholt – die Pflanzen wurden also nicht von uns importiert. Jahrelang konnten wir hin und wieder ein Kindel davon bewurzeln – und jetzt ist es vorbei. Ein wenig wehmütig wird mir dabei schon.
Wenn ich allein daran denke, welche Aufregung es gab, als wir auf unserer Meldeliste für die CITES-Registrierung plötzlich eine Wildpflanze angegeben hatten2. Es gab immer etwas über die beiden dicken Ufos zu erzählen. Vor einigen Jahren war es dann nur noch einer – aber der hat wohl auch nicht mehr allein sein wollen.
Nur der Abgang ist mir ganz schön unwürdig vorgekommen:
Wie geht man eigentlich mit einer toten Pflanze um? Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Pflanzen sterben eben. Als ich ein ganzen Karton Geohintonia-Leichen in der Hand hatte, waren das eben trockene und verdammt teure tote Kakteen – aber bei dem Anblick im Kompostbehälter war mir dann doch etwas anders. Hat das was mit Pietät zu tun, oder ist das einfach nur albern, sich Gedanken zu machen, die doppelt so alt ist wie ich selbst, vielleicht älter als mein Vater? Immerhin hat sich mich mein ganzes Leben begleitet.
Ich war jedenfalls kurz davor, neben dem Kompost ein Loch zu schaufeln. Ist das schon schräg?
So sah er noch vor wenigen Monaten aus… voller Leben!
- damaliger offizieller Sprachgebrauch: Antifaschistischer Schutzwall [↩]
- dabei hatte ich eigentlich viel mehr in unseren Beständen vermutet [↩]
Über den Autor
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Kaktusgärtner aus Passion - seit 1970,
... in einer Familie von Kaktusgärtnern seit 1822
... und Gärtner in der Blumenstadt Erfurt seit 1685