Dear All,
I just wanted to let you know that the Berliner Zeitung (an important German daily newspaper) published a lovely article about our Garden in their weekend magazine on the 26th September (surprisingly, because it was election weekend).
It is very complementary and I am very touch, it is beautiful written and it praises our work.
I am trying to get hold of an electronic copy of the article as it shows some beautiful images of the Garden. I have had already letters (emails) from German readers wanting to come and see the Garden on their next visit to London! – really sweet.
Andrea

Die Maulbeerbäume der Tempelritter

Einer der ältesten privaten Gärten Londons liegt im Inner Temple District. Eine junge Thüringerin hat ihn wieder in Schönheit erblühen lassen

VON INGE AHRENS

Dicht am Ufer der Themse liegt der Garten von Inner Temple. Inner Temple, oder besser gesagt: die ehrenwerte Gesellschaft von Inner Temple, ist eine von vier Anwaltskammern, die rund um die Königlichen Gerichtshöfe in London angesiedelt sind. Inns of Court werden sie genannt und vereinen Gray’s Inn, Lincoln’s Inn, Middle Temple und Inner Temple. Die letzten beiden wurden im 14. Jahrhundert von den Tempelrittern gebaut und galten als politisches und wirtschaftliches Zentrum der königlichen Aktivitäten. Noch heute arbeiten hier die höchsten Anwälte Großbritanniens, Barrister und Queens Counsel genannt. Manche leben sogar dort.

Die runde Kirche der Templer steht noch und einige Gebäude aus dem 17. Jahrhundert. Die anderen wurden 1666 durch einen großen Brand und später im Zweiten Weltkrieg zerstört. Man errichtete sie historisierend neu. Eine herrliche Ansammlung zinnen- und türmchenbewerter Häuser, meist mit roten Ziegeln. Inner Temple ist einer der schönsten Gebäudekomplexe in Londons Mitte. Mittags öffnen sich die eleganten eisernen Gartentore mit dem vergoldeten Pegasus, und wer will, kann auf dem Rasen picknicken. Eine Oase in der City. Man riecht und sieht die Themse, wenngleich ihre Wasser heute nicht mehr an die Stämme der Platanen klatscht, die einst an ihr Ufer gepflanzt wurden. Inner Temple steht auf Land, das man dem Fluss abtrotzte. Sir Bazelgette baute 1862 die Straße Embarkment und trennte so den Garten vom Themseufer.

Im 12. und 13. Jahrhundert war er der Obst- und Gemüsegarten der Tempelritter. Maulbeeren, Quitten und Feigen gediehen. Vom 14. Jahrhundert an blühte ein Rosengarten, der sogar Shakespeare inspiriert haben soll. Im späten 16. Jahrhundert legte man einen Knotengarten aus Buchsbaum an, und im frühen 19. Jahrhundert, während der viktorianischen Zeit, fanden dort landesweit gerühmte Chrysanthemen-Schauen statt. 1888 siedelte sich die Royal Horticultural Society (RHS) im Inner-Temple-Garten an, um dort 23 Jahre lang ihre Frühlingsgartenschau zu präsentieren. Bis sie 1912 nach Chelsea zog und als Chelsea Flower Show bekannt wurde. Zu dieser Zeit, auch die edwardianische genannt, entwickelte sich der Garten zu dem, was er heute ist. Er ist ein historischer Garten. Genau so sah er auch aus. Bis Andrea Brunsendorf auftauchte.

Überall Geranien und Rosenbeete, Unkräuter und toter Rasen unter den Bäumen. So sollte es nicht bleiben, befand die junge Deutsche, die als Chefgärtnerin engagiert worden war: „Ich wollte, dass der Garten wieder in Schönheit erblüht. Schließlich war er im 19. Jahrhundert einer der berühmtesten Gärten Londons.“ Zwei Jahre brauchte sie, um ihn „umzudrehen“, jetzt blühen ihre Blumenrabatten zu allen Jahreszeiten anders. Im Frühling setzen knallige Tulpen Signale. „Ich schocke auch gern mal“, sagt sie und lacht. Geradezu schwärmerisch hat sie winzige Zinnien in allen Farben verteilt. Sonnenblumen wachsen spektakulär aus Stauden und machen ordentlich Feuer im historischen Ambiente.

Anfangs schauten die Masters of Garden irritiert auf dieses Werk. Sie mussten sich erst gewöhnen an die strotzende, ländliche Buntheit, an Schafgarbe, Marienkäfermohn und riesige Disteln. „Na ja, es gab auch schon mal Diskussionen über das Rosenschneiden“, erinnert sich die Gärtnerin. Da ist eben Diplomatie vonnöten. Ansonsten lässt man ihr freie Hand. Die Society, die ihr Vermögen aus den Mieten der Häuser vermehrt, zahlt ihr Gehalt, die Pflanzen und ihre zwei Mitarbeiter. Außerdem gehen ihr sieben ehrenamtliche Gartenfreunde zur Hand.

Von ihrer Gärtnerwohnung im Souterrain schaut sie direkt in „ihren“ Garten, der drei Acres umfasst. Mit Boris, ihrem verspielten pfefferundsalzfarbenen Cockerspaniel, zieht sie morgens um acht Uhr ins Gärtnerhaus, um den Tag zu besprechen. Drinnen warten schon Hunter und Nimrod, zwei junge Tigerkatzen, fertig zur Mäuse- und Rattenjagd.

Andrea Brunsendorf kam im thüringischen Mühlhausen zur Welt. Im Erfurter Pflanzen- und Samenzuchtbetrieb Chrestensen wurde sie als Ziergärtnerin ausgebildet, den Eltern zuliebe. Sie sollte erstmal was Richtiges lernen. Eigentlich wollte sie ja lieber Literatur studieren. Das junge Mädchen mit den Rastalocken hatte ihren Band Kafka immer in der Hosentasche stecken. Als sie endlich 18 war, ging sie für ein Jahr, nach Südafrika, um dort in drei Botanischen Gärten als Praktikantin zu lernen: „Ich hatte noch nie eine Protea gesehen! Ich war so beeindruckt, und ich verstand: Gartenbau kann mehr sein. Die Welt tat sich auf für mich.“

Danach zog sie für zwei Jahre in die Longwood Gardens, einen der ersten Botanischen Gärten der USA aus dem 18. Jahrhundert, um dort alles von der Pike auf zu lernen: „Hecken stutzen, Rasen schneiden und so .“ Dann machte sie in drei Jahren ihr Diplom an der School of Horticulture in Kew Gardens. Und setzte noch eins drauf, ihren Master in Naturschutz am University College von London. Als sie in Frankreich war, um in drei Schlossgärten Ordnung zu schaffen, kam die Ausschreibung für einen Head Gardener in Inner Temple gerade recht. Zurück nach England, das wollte sie.

Viel hat sich getan, seit Andrea Brunsendorf vor zwei Jahren ihr Amt übernahm. Sie hat sich das historische Gartenlayout vorgenommen und versucht, das 21. Jahrhundert aufblühen zu lassen. Die Staudenrabatten sind ihre Herzensangelegenheit: „Mixed Boarder“ nennt man die Art der Bepflanzung, die Gräser, Sträucher, Zwiebeln, einjährige Pflanzen, Stauden und Rosen vereint.

Der von ihr verehrten Potsdamer Gärtnerlegende Karl Foerster würden jedenfalls die Augen übergehen. Formal ist hier nur noch der Rasen. Parkbepflanzung gefällt Andrea nämlich nicht. Natürlich sind da die Bäume, der indische Bohnenbaum mit seinen langen Schoten, die Magnolien und gelben Tulpenbäume. Das Beste aus Foersters Garten, Kew Gardens, Südafrikas und Longwoods Botanischen Gärten aber wächst jetzt in ihren Rabatten: Wie fantastische Fanfaren blüht blau der Salbei. Zitronengelbe Eisenkräuter britzeln in der Sonne, Astern machen lila Tupfen, die Rosen sorgen für den Duft. Dazwischen blüht weinrot „Kiss me over the garden gate“, wie der Orientalische Knöterich poetisch in England heißt, und baumgroße Riesennatternköpfe von den Kanarischen Inseln recken sich in den Himmel. Vor den kleinen Fenstern der Anwaltsstuben strotzen Sonnenbräute (in diesem Fall natürlich die Korbblütler) und Sonnenhüte in eisernen Gefäßen. Calla und Ahornstäbe haben sich unter schattengebenden Baumkronen versammelt.

Gerade jetzt reifen auch die Maulbeeren. Dick und schwer und saftig sind die schwarzen Beeren, Andrea rührt daraus Maulbeerkonfitüre. So wie auch Barrister Owen Davies im Brunnenhof von Middle Temple jedes Jahr die Ernte einfährt. Er steigt dann in einen Schutzanzug mit Kapuze und auf seine Aluleiter, das Eimerchen unterm Arm. Während er oben sammelt, gucken unten nur noch die Beine raus. Eine köstliche Schweinerei. Die schweren Beeren fallen gern mit sattem Schmatzen vom Ast. Ist Owen fertig mit seiner Sammelei, sieht er aus wie nach einer blutigen Schlacht und steigt kurzerhand voll bekleidet samt Leiter unter seine Dusche. Dann erst geht’s an die Konfitüre.

Barrister oder Queens Counsel, die ehrenwerten Anwälte, werden spöttisch auch Silks genannt, weil sie vor Gericht nicht nur weiße Perücken tragen, sondern auch seidene Strümpfe und einen seidenen Talar. Herrlich! Manchmal kann man sie zwischen Andreas Brunsendorfs Blumenrabatten ihre Runden ziehen sehen. Wie alle Mitglieder von Inner Temple haben sie einen Schlüssel für ihren Garten. Was das mit den Maulbeeren zu tun hat? König James I. hatte 1608 Maulbeeren angepflanzt in Inner Temple, um Seidenraupen zu züchten. Aus Konkurrenzneid verkauften ihm die Holländer allerdings schwarze Maulbeerbäume. Seidenraupen lieben aber nur die Blätter der weißen. Also wurde es nichts aus der Seidenspinnerei. Als im letzten Jahr Inner Temple mit einer Art Mini-Chelsea-Blumenschau seinen 400. Geburtstag feierte, wurde ein Steckling dieses alten Baumes von 1608 in den Inner Temple Garden gesetzt. Für die Konfitüre natürlich.

Inner Temple Garden
London EC4Y 7HL
www.innertemple.org.uk

Mo-Fr von 12.30-15h sind die Gartentore geöffnet und man kann auf dem Rasen picknicken. Zugang über Crown Office Row. Ebenfalls zugänglich ist der Garten am 4. Oktober von 12-16 Uhr als Teil des Festivals National Gardens Scheme.

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